<p>SOCIUS brief:</p>
<p>Inklusion chronisch Kranker</p>
Autor:in: Lysan Escher
Christian Baier
Liebe Leser:innen,
bevor ihr euch an den See oder die Hängematte zurückzieht, möchten wir euch mit diesem prall gefüllten Veranstaltungskalender schon einmal Lust auf die Rückkehr aus dem Urlaub machen!

Ein Blick auf unseren Veranstaltungskalender ist nicht nur ein Spiegel der Themen, die uns bei SOCIUS interessieren. Unsere Veranstaltungen sind auch das Ergebnis eines Resonanzverhältnisses mit dem Feld, in dem wir unterwegs sind.

Umgang mit komplexen gesellschaftlichen Transformationen könnte als Titel über allem stehen. Es geht um Haltungsfragen wie Machtkritik und Diversitätssensibilität, individuelle leadership Praktiken, Kompetenzen wie Kreativität und darum, Momente von Verbindung sowie transformierender Erfahrung zu gestalten und um grundlegende Ansätze wie Soziokratie und Selbstorganisation. Unsere Fortbildung „gOe!- gemeinnützige Organisationen entwickeln!“ vermittelt die Grundlagen, um mit Organisationen in Kontakt zu treten, gemeinschaftlich getragene Prozesse der Veränderung zu initiieren und zu begleiten.

Ein Thema sticht in der Vorschau vermeintlich ein wenig aus der Reihe: Krankheit in Organisationen. Wichtig ist uns das Thema aus der Perspektive von Diversitätssensibilität und dem achtsamen Umgang mit Privilegien. Dass der Zustand „krank“ keine eindeutige Definition ist, sondern ein relativer Ort auf einem Kontinuum zwischen krank und gesund und mehr mit dem individuellen Erleben als einer ärztlichen Diagnose nach ICD-10 zu tun hat, ist kein neuer Gedanke. Jeder gesunde Mensch hat kranke Anteile in sich, jeder kranke Mensch gesunde. Die gesunden Kranken, denen wir in den Portraits von Monia Ben Larbi auf der von ihr aufgebauten Plattform www.gesunde-kranke.de/ begegnen, nehmen für sich in Anspruch, in diesem Sinne zwar krank, und gleichzeitig auch gesund zu sein. Zu einem Verstehen der eigenen Krankheit zu kommen, Strategien zu entwickeln für ein gutes Arbeitsleben im Einklang mit der individuellen Situation sowie sich dabei mit einem Gefühl der Sinnhaftigkeit zu verbinden, ist ein harter mit steten Rückschlägen gepflasterter Weg.
Ein Fazit von Monia aus der Auseinandersetzung mit dem Thema Chronische Krankheit lautet unerwarteterweise: Kranke Menschen können eine hilfreiche Ressource sein für Organisationen. Denn sie sind Seismograph:innen und können zugleich  Motor für Organisationsentwicklung sein. Die Grenzen, an die sie stoßen, treiben in der Regel auch gesunde Kolleg:innen in Erschöpfung und Überforderung. Nur erleben Menschen mit Krankheit diese Faktoren meist deutlicher und frühzeitiger.

Um nicht den Anschein des Schönredens zu erwecken: Was gesunde Menschen von kranken mit Sicherheit lernen können, ist der Umgang mit und die Akzeptanz eigener Ohnmacht.

Klaus Eidenschink (Coach, Berater und Therapeut) beschreibt “Ohnmachtskompetenz” als unerlässliche Komplementärfähigkeit für Menschen in Führungsposition: Die Grenzen der eigenen Macht akzeptieren lernen und sich mit der eigenen Ohnmacht  anfreunden können. Worum es geht? Nicht alles, was geschieht, muss sinnhaft sein; es ist nicht immer möglich, Gutes zu bewirken und wir müssen hinnehmen, dass alles, was passiert vergänglich ist. Lernen wir, die eigene Ohnmacht wahr- und anzunehmen, eröffnet uns das vielleicht ein alternatives Handlungsspektrum jenseits der limbischen Reaktionsmuster von „flight, fight or freeze“.

Deswegen haben wir ab dem 14. Oktober drei SOCIUS salon Abende ins Leben gerufen: (Ebenfalls) unter dem Titel „Gesunde Kranke“ wollen wir gemeinsam mit Monia eine Brücke in den Echoraum schlagen, den gesunde Kranke erleben und die Tabuzone ein wenig verschieben. Besprechbarkeit, Rücksichtnahme und Sichtbarkeit sind die Hauptthemen, die uns durch die Abende leiten werden. Wir freuen uns über euer Interesse.

Bis dahin wünschen wir euch Sommerwochen mit Leichtigkeit, Sonnenschein und viel Erholung!

Joana Ebbinghaus
Christian Baier, Kerstin Engelhardt, Lysan Escher, Julia Hoffmann, Hannah Kalhorn, Andi Knoth, Nicola Kriesel, Yi-Cong Lu, Denise Nörenberg

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