Story & Wurzeln

Wie wir wurden, was wir sind

Fünf Kapitel, ein roter Faden

Die Grundidee von SOCIUS hat sich in den über 25 Jahren unseres Bestehens kaum verändert: Wir leisten unseren Beitrag zur gesellschaftlichen Transformation durch die Entwicklung nachhaltiger Beziehungen in Organisationen.

Die Geschichte von SOCIUS ist dabei selbst eine Transformationsstory – von der Impuls-Energie der Pionierphase hin zur Kraft der kollektiven Verantwortung in unserem heutigen Wirken. Seit der Gründung der SOCIUS Organisationsberatung gGmbH durch Rudi Piwko hat sich das aktuell 10-köpfige SOCIUS Team – Christian Baier, Andi Knoth, Nicola Kriesel, Kerstin Engelhardt, Joana Ebbinghaus, Denise Nörenberg, Julia Hoffmann, Lysan Escher, Hannah Kalhorn und Yi-Cong Lu – in verschiedenen „Wellen“ als Slow Growth Organismus geformt.

Über die Jahre haben wir uns dabei mit den Strömungen unseres Feldes entwickelt und diese vielfach mitgeprägt:

  • 1998-2005: In den SOCIUS Gründungsjahren sind die beherrschenden Themen der gemeinnützigen Szene Professionalisierung und Institutionalisierung. In den ersten sieben Jahre liegt der Fokus von SOCIUS auf Finanzierungsstrategien und der strukturellen Festigung von Vereinen und Initiativen als nachhaltig wirksame Akteure. Meilensteine dieser Zeit sind etwa der von uns entwickelte Finanzierungsleitfaden für Initiativen in Mittel- und Osteuropa, das Handbuch Eigenmittel Erwirtschaften und die Modulentwicklung in unterschiedlichen Studiengängen zum Sozialmanagement (u.a. in Fulda und Potsdam). Zugleich stärkt sich in dieser Zeit zunehmend unser Selbstverständnis der Prozessberatung. SOCIUS ist am Ende dieser Phase ein  fünfköpfiges Team mit dem Motto: „Wir begleiten Veränderung in gemeinnützigen Organisationen“.

 

  • 2006-13: Im Umfeld der 2010er Jahre sind die Hinwendung zu Beteiligung, bürgerschaftlichem Engagement und das Erstarken der Social Enterprise Bewegung prägend in unserem Handlungsfeld. SOCIUS ist in dieser Episode viel in Kontexten partizipativer Stadtentwicklung unterwegs und berät Bündnisse und Verbände der Nachhaltigkeitsbewegung und der freien Bildung. Unsere Prozessbegleitungen werden länger, die begleiteten Organisationen größer und internationaler – umfangreichere Projekte führen uns etwa nach Zentralasien (Begleitung um Aufbau eines regionalen Pflegesystems in Kasachstan) und Nordafrika (Unterstützung von Jugend- und Medienprojekten in Tunesien). 2010 gründen wir die SOCIUS eG, zunächst als Dach für regionale SOCIUS Beratungsteams in München, Hamburg und Köln. Bald wird deutlich, dass wir die vertrauensvollen persönlichen Beziehungen, auf denen unsere Beratungsarbeit und das Zusammenwirkung als Organisation beruhen, ohne alltägliche Begegnungen mit über 20 Menschen nicht aufrecht erhalten können. Die Genossenschaft wird in Folge zur partnerschaftlichen Heimat für das Berliner SOCIUS. Als neuen Claim finden wir: Sinnvoll Zusammen Wirken.

 

 

  • 2014-21: Mit dem Erscheinen von Frederic Laloux’ „Reinventing Organisations“(2014) geht ein frischer Wind durch die bereits agil angewärmte internationale OE Selbstorganisation im Gewand von Soziokratie und Holakratie ist eine gefeierte Verheißung, Konsentmoderation und rollenbasiertes Arbeiten sind gefragte Kompetenzfelder, auch außerhalb der gemeinnützigen Welt. Für SOCIUS ist das ein Anlass, unsere eigenen kollektiven Praktiken noch einmal nachzuschärfen.  Zum 20. Geburtstag von SOCIUS verkaufen die fünf Gesellschafter:innen der gGmbH ihre Anteile an die eG. Mit der genossenschaftlichen Struktur finden wir einen formalen Rahmen für unseren Anspruch, die Gleichwertigkeit aller Teammitglieder in der Weiterentwicklung von SOCIUS umzusetzen. Die Faszination mit dem Thema Selbstorganisation wird dabei auch zu einem markanten Pfeiler unseres Beratungsprofils. Der Engagementsschub im Zuge der Migrationsbewegungen von 2015 und die folgenden gesellschaftlichen Spannungen, die sich in der Corona Krise weiter aufladen, stellen dabei einen zunehmend prägenden Hintergrund unserer Arbeit dar. Das Gefühl, dass es um etwas geht, dass Aushandlung notwendig und zugleich zunehmend schwierig ist, steht deutlich auf der Bühne.

 

  • 2022-heute: In der postpandemischen Zeit ist die beherrschende Herausforderung unseres Feldes nicht mehr Aufbruch, sondern Stabilisierung. Die Erfahrung der Polykrise, die Fragmentierung und der Blick vom Tellerrand der Komplexität in Richtung Chaos bringt den Bedarf nach bewusster Stärkung von Resilienz, psychischer Gesundheit und Regenerativität mit sich. Zugleich wird zunehmend deutlich, dass viele Grundannahmen des etablierten Systems nicht mehr tragfähig sind, dass Resilienz im Sinne der kontinuierlichen Erneuerung auch einen machtkritischen Blick, einen mutigen Umgang mit Konflikten und neue Formen der Erkundung von Zukunft erfordert. SOCIUS stellt sich diesen Herausforderungen, die auch an uns selbst nicht vorübergehen, mit der Bereitschaft zu kontinuierlichem Lernen und persönlicher Entwicklung: Das Hinterfragen von eigespielten Mustern und Rangdynamiken, das Stärken der Muskeln kollektiver Verantwortung und die Suche nach pointierten und zugleich verbindenden Positionen sind Teil dieser Entwicklung, die wir begleiten und selbst vollziehen.

 

  • Zukünfte: Es bricht eine Zeit an, in der grundlegend neue Praktiken entwickelt, ausgebrütet und verbreitert werden müssen, um Gesellschaft in weiten Teilen neu zu konstituieren. Unser Wissen und unsere Erfahrung werden nicht ausreichen um die Herausforderungen und Ungewissheiten in diesem Prozess zu bewältigen. Wir werden noch mehr in die Stärkung von Netzwerken und Communities investieren und noch intensiver Rituale gemeinsamer Imagination kultivieren, um der Drohkulisse dieser Zeit etwas Positives, Zuversichtliches entgegenzusetzen. Unsere Reise geht weiter…